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Vertrauensbildende Maßnahmen

Den Schulweg selbstständig ohne Eltern meistern

Den Schulweg ohne Elternbegleitung zu meistern, schaffen bereits Grundschulkinder. Die Eltern darin zu bestärken, ihre Kinder den Weg angstfrei gehen zu lassen, muss Ziel der Schule sein. Ideen dafür gibt es viele.

Vertrauensbildende Maßnahmen: Den Schulweg selbstständig ohne Eltern meistern Es bringt Spaß und ist sehr viel sicherer,wenn Kinder in Gruppen zur Schule gehen © simoneminth - Fotolia.com

„Heute kommt doch Frau Müller schon wieder bis in die Klasse mit und trägt den Ranzen von Annabell bis an ihren Sitzplatz! Abgesehen davon, dass sie direkt vor dem Schulgebäude in der Bushaltebucht parkt“, regt sich die Klassenlehrerin der Klasse 1a morgens im Lehrerzimmer auf, während sie das Geschehen aus dem Fenster beobachtet. Wie Annabells Mutter begleiten viele Eltern ihre Kinder morgens bis deren Sitzplatz in der Klasse, räumen dabei gern noch unter dem Tisch und am Kleiderhaken auf, passen die Lehrerin für ein Gespräch nach Unterrichtsbeginn vor der Tür ab. Nicht ganz so schlimm, aber immer noch sehr problematisch: Sie fahren ihre Kinder bis vor die Schultür. Warum nimmt das morgendliche Autochaos vor den Schulen immer weiter zu, obwohl die meisten Schüler nicht mal 800 Meter Schulweg bis zur Schule bewältigen müssen? Warum müssen einige Eltern ihr Kind sogar noch direkt der Lehrerin im Klassenraum übergeben?

Elternängste zu Schulbeginn besonders groß

Sicher gibt es verschiedene Gründe, warum Eltern ihr Kind zur Schule begleiten. 

  1. Hier ist zunächst die Angst vor Fremden auf dem Schulweg zu nennen. Neben der Medienpräsenz von Unbekannten, die Kinder auf dem Schulweg ansprechen und ins Auto locken wollen, gehen an jeder Schule immer wieder Geschichten von einem roten Auto, das langsam an einem Kind vorbeigefahren ist und dessen finster aussehender Fahrer Schüler auf dem Hin- oder Rückweg zur Schule angesprochen hat oder das wollte, um. Die Verunsicherung bei Eltern ist hier groß und um ihr Kind solch einer möglichen Gefahr überhaupt nicht auszusetzen, holen und bringen sie es lieber persönlich. 
  2. Viele Eltern trauen ihren Kindern nichts mehr zu. Sie glauben nicht, dass die Schüler den Schulweg bewältigen: dass er entweder zu lang ist und sie die Wegstrecke nicht bewältigen können, die Kinder vielleicht nicht direkt nach Hause kommen oder sich in einer Gruppe von Mitgängern unwohl fühlen könnten bzw. sich zu Unsinn überreden ließen.
  3. Die Angst vor einem unübersichtlichen, gefährlichen Schulweg lässt Eltern handeln. Die Schüler könnten hier unaufmerksam sein, ein Auto übersehen, nicht am Bürgersteig stehen bleiben und ihnen könnten schlimme Dinge im Verkehr widerfahren.

Argumente für einen selbstständigen Schulweg

Nimmt der Lehrer diese Argumente für das Behütenwollen wegen der Angst vor Übergriffen, eines unsicherer Schulwegs etc. ernst, so sollte er die Gegenargumente auf einem Elternabend vor Schulbeginn empathisch und wohl überlegt äußern.

Zunächst gilt es, die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind von Unbekannten auf dem Schulweg in ein Auto gezerrt und entführt wird, zu relativieren. Selbst wenn der seltene Fall eintritt, dann nur zu einem zu vernachlässigenden Prozentsatz. Vor solchen Fällen kann man die Kinder warnen: Immer werden die Schüler angesprochen und mit „Versprechungen“ oder „Ankündigungen“ gelockt. Seien es die süßen Kätzchen, die irgendwo warten, die Mutter, die ins Krankenhaus musste und befohlen hat, der Fremde soll das Kind dorthin bringen, die versprochenen Süßigkeiten im Auto oder ähnliche Dinge. 

Außerdem sind nicht alle langsam fahrenden Autos oder Unbekannte verdächtig, denn ortsfremde Personen suchen vielleicht eine Straße und fragen nach dem Weg. Nicht nur einmal hat sich der „Verdächtige“ als Paketfahrer oder Lebensmittelauslieferer herausgestellt

Verhaltenstraining für einen sicheren Schulweg

Daher sollte die Hauptaufgabe von Eltern und auch Schule sein, Kinder auf solche Fälle vorzubereiten und sie stark zu machen. Sollte ein Auto langsam fahren, könnten sie weglaufen, dem Fahrer klar und deutlich „Nein“ signalisieren, nicht darauf reagieren und niemals bei Versprechungen oder Ankündigungen in ein fremdes Auto steigen. 

In einem Selbstverteidungstraining können die Schüler lernen, auf ihr „Bauchgefühl“ zu hören. Wenn dieses Alarm schlägt und sie etwas komisch finden, dann sollten sie das Weite suchen, sich notfalls körperlich wehren oder Hilfe holen. 

Sind diese Maßnahmen zu Hause besprochen und gehen die Schüler nicht allein, sondern mit Nachbarskindern zur Schule, so sind sie im Grundschulalter durchaus in der Lage, ihren Schulweg allein zu bewältigen. Desweiteren sollten die Eltern ihren Kindern auch zutrauen, ihren Weg allein zu gehen. Werden die Gefahrenstellen zuvor abgelaufen und mit den Schülern besprochen, wie sie sich wo vorsichtig verhalten, so können auch kleine Füße eine altersentsprechende Strecke zurücklegen. 

Vielleicht ist es auch wichtig zu erwähnen, dass Grundschulkinder mit dem Eintritt in die Schule das Bedürfnis haben, nun „groß“ zu sein. Sie wollen sich selbst Dinge zutrauen und dass man sie auch darin bestärkt, Herausforderungen anzunehmen, wie z. B. einen Schulweg gemeinsam mit Gleichgesinnten zu gehen. In der Gruppe werden auf dem Nachhauseweg Geschichten erzählt, Verabredungen getroffen, die Gegend erkundet, auch mal eine Abkürzung ausprobiert etc., was für die altersgemäße Entwicklung und die Gruppenzugehörigkeit ebenso wichtig ist wie der Unterricht. 

Maßnahmen wie Warnwesten in der morgendlichen Dunkelheit, weniger Autos vor der Schule als „Zubringer“, das Besprechen der Gefahren und Reaktionsmöglichkeiten darauf erhöhen zusätzlich die Sicherheit für den gefahrlosen Weg bis zur Schule. 

Nötiger Elternbringdienst

Sollte es dennoch nötig sein, dass Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen, weil die Schüler früher zur Betreuung müssen, ihr Schulweg weit entfernt von Klassenkameraden verläuft, der Weg zu lang ist und körperlich nicht bewältigt werden kann, so können folgende Vorschläge das morgendliche Autochaos vor der Schule lichten:

  • Die Eltern sollten nicht direkt vor der Schule und auf dem Schulweg von laufenden Kindern drehen, parken oder wenden. 
  • Zudem ist es zu gefährlich, Kinder auf der Straßenseite aussteigen zu lassen. An manchen Schulen wurden bereits sogenannte „Bringzonen“ eingerichtet, an denen Eltern parken können.
  • Sicher ist es unter normalen Umständen ebenfalls nicht nötig, den Schulranzen des Kindes bis in den Klassenraum zu schleppen. In der Regel können und sollten nicht benötigte Schulsachen in der Schule bleiben, damit das Ranzengewicht angemessen bleibt, sodass die Schüler ihren Ranzen selbst auf dem Rücken tragen können. 

Werden all diese Vorsichtsmaßnahmen beachtet, so können die Schüler sich morgens und mittags selbst auf den Weg nach Hause machen und benötigen nur noch ganz zu Beginn oder in Ausnahmefällen elterliche Begleitung.

Marion Keil

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