Lesekompetenzen stärken im Distanz- und Wechselunterricht
Der Anteil der leseschwachen Schüler/-innen steigt. Es wird also immer wichtiger die Lesekompetenzen zu stärken. Wir stellen Ihnen Webangebote vor, mit denen Sie die Lesefähigkeit in heterogenen Lerngruppen stärken.

„Die deutschen 15-Jährigen lesen weniger und haben weniger Freude daran als die Jugendlichen im OECD-Durchschnitt“, so hieß es am 3.12.2019 in einem Beitrag über die Ergebnisse der PISA-Studie 2018 auf der Website der TU München. Mehr als die Hälfte der Heranwachsenden gab an, „vor allem zu lesen, um benötigte Informationen zu bekommen“. Insgesamt zeigten die Schülerinnen und Schüler in Deutschland zwar „größere Lesefähigkeiten (498 Punkte) als der Durchschnitt der 15-Jährigen in den OECD-Staaten (487 Punkte)“, doch auch der Anteil von „besonders Leseschwachen“ ist mit 29 Prozent an „den nicht gymnasialen Schulen“ groß. (ebd.).
Warum ist es derzeit so wichtig wie nie, die sprachlichen und besonders die Lesekompetenzen von Jugendlichen zu stärken? Und wie fördern Lehrkräfte ihre Schüler und Schülerinnen trotz Distanz- und Wechselunterricht? Der folgende Beitrag beantwortet diese Fragen und stellt Ihnen spannende Webangebote vor, mit denen Sie die Lesefähigkeit auch in heterogenen Lerngruppen stärken.
Lese- und Sprachförderung? JETZT aufholen!
Während der Schulschließungen zeigte sich, dass geringere Lesekompetenzen auch zu „Verständnisschwierigkeiten“ im Fernunterricht führen. Das hat schwerwiegende Konsequenzen für die jeweiligen Schüler/-innen: Denn wenn die Lernenden die Aufgabenstellungen „weniger gut nachvollziehen“ konnten, waren sie oft auch „weniger motiviert (...), ihre Aufgaben zu erledigen“, so das Ergebnis einer Corona-Zusatzbefragung im Rahmen der NEPS-Studie „Bildungsverläufe in Deutschland“ (Das Akronym NEPS leitet sich her von engl. „National Educational Panel Study“).
Die Corona-bedingten Lernlücken bei diesen Kindern und Jugendlichen, die oft aus sozial benachteiligten Familien stammen, sind groß und wachsen weiter. Und viele Gelder für Fördermaßnahmen fließen erst nach den Sommerferien, zum Beispiel die zwei Milliarden für das „Aufholpaket“ des Bundes. Deshalb ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt für eine digitale Leseoffensive, mit der Sie die Lesekompetenzen Ihrer Schüler/-innen fördern und auch die Lesemuffel in Ihrer Klasse erreichen.
Mit Lautlese-Tandems flüssiger lesen
„Wer nicht flüssig lesen kann, arbeitet sich mühsam Wort für Wort durch einen Text und schafft es kaum, Zusammenhänge zu erfassen“, sagt Prof. Dr. Cornelia Rosebrock von der Goethe-Universität Frankfurt am Main in der Broschüre „Gemeinsam fit im Lesen“ (S. 4). Leseflüssigkeit ist folglich eine zentrale Kompetenz bei der Verbesserung der Lesefähigkeit.
Doch wie lässt sie sich trainieren? Im Folgenden dazu eine Methode, die sich sowohl für den Fern- als auch für den Präsenzunterricht eignet: das Lautlese-Tandem. Die im vorhergehenden Absatz verlinkte Broschüre der Initiative BiSS (Bildung durch Sprache und Schrift) zeigt, wie Lehrkräfte dem mit Lautlese-Tandems entgegensteuern können. Dabei arbeiten immer ein/e Sportler/-in (leseschwach) und ein/e Trainer/-in/Tutor/-in (gut im Lesen) zusammen: Sie lesen gemeinsam halblaut einen Text, wobei der Trainer oder die Trainer/-in die gecoachte Person fördert, „indem sie bzw. er sachlich korrigiert und ermutigt“ (ebd., S. 7). Der Coachee seinerseits „hört auf die Tutorin oder den Tutor, bemüht sich, Fehler selbst zu verbessern und versucht, den Text alleine laut vorzulesen, sobald sie oder er sich sicher genug fühlt“ (ebd.). Um die Übungen zu verstetigen und gute Effekte zu erzielen, sollten Sie drei Trainingseinheiten à 20 Minuten pro Woche einplanen, wovon 15 Minuten „reine Lesezeit“ sein sollten (ebd., S. 8).
Lesetandems sind auch im Fernunterricht möglich, wenn sich Trainer/-in und Sportler/-in zu einer Videokonferenz oder in Breakout-Räumen (= digitalen Gruppenarbeitsräumen) verabreden. In einem kleinen Workshop könnten Sie auch den Eltern oder älteren Geschwistern bzw. Schüler/-innen der Schule vermitteln, wie sie mit der Lautlese-Tandem-Methode coachen.
Texte verstehen mit Methode
Die texterschließende Lesekompetenz fördern Sie, indem Sie mit Ihren Schüler/-innen Lesestrategien erarbeiten. Im Methodenpool für sprachsensiblen Fachunterricht des Mercator Instituts für Sprachförderung finden Sie dazu schnell geeignete Methoden und Sprachhilfen für Ihre Klasse, z. B. die Fünf-Schritte-Lesemethode, mit der die Kinder und Jugendlichen fünf verschiedene Strategien zur inhaltlichen Erschließung eines Textes erlernen und idealerweise mit der Zeit automatisieren: Überfliegen, Fragen-an-den-Text-Stellen, gründliches Lesen, abschnittweises Zusammenfassen und Wiederholen des Textes.
Die einzelnen Schritte der Methode sollten in Präsenzphasen oder Videokonferenzen eingeführt und im Plenum oder in Arbeitsgruppen wiederholt geübt werden. Praktische Tipps helfen zum Beispiel bei der Auswahl von geeigneten Übungstexten oder bei der didaktisch-methodisch sinnvollen Vermittlung der Lesestrategien.
Natürlich dauert es seine Zeit, bis sich durch stetes Methodentraining das Textverständnis der eher leseschwachen Schüler/-innen verbessert. Bis es soweit ist, sollten Sie mit diesen Kindern und Jugendlichen neue Aufgaben für das Homeschooling regelmäßig durchsprechen und dabei Unklarheiten ausräumen. Am besten zu festen Zeiten und mit der Möglichkeit, auch während der Bearbeitung der Aufgaben bei Ihnen oder bei hilfsbereiten Mitschüler/-innen nachzufragen.
Jungs fürs Lesen motivieren
Das ist gar nicht so leicht, denn viele Jungs lesen zwischen 8 und 12 Jahren weniger. Dieser sogenannte „Leseknick“ spiegelt sich auch in den Ergebnissen der PISA-Studie 2018 wider: So gibt es mit 24 Prozent „einen relativ hohen Anteil an Jungen, die nur über äußerst eingeschränkte Lesekompetenz verfügen“ (vgl. dazu die Zusammenfassung PISA 2018, S. 6).
Die Stiftung Lesen legt daher den Fokus besonders auch auf die Leseförderung von Jungen. In dem Ratgeber „Jungen lesen – aber anders“ finden sich gute Anregungen für die Leseförderung von Schülern in den Klassen 5 und 6. Hier erfahren Sie (und die Eltern Ihrer Schüler/-innen), wie genau ein Buch oder der Held einer Geschichte sein muss, um Jungs zu fesseln: „‘Richtige‘ Helden fühlen sich gewöhnlich in der spannungsorientierten Unterhaltungsliteratur wie Fantasy, Science-Fiction, Krimi oder Sportbüchern wohl, die oft als trivial bezeichnet wird“, heißt es da (S. 4). Und weil jedes Mittel recht ist, um die Jungs mit anregendem Kopfkino fürs Lesen zu gewinnen, darf die Lektüre auch ruhig einmal trivialer sein. Auch darf es in Büchern für Jungs „auch einmal etwas handfester und körperlicher zur Sache gehen, scheuen Sie davor nicht zurück“, raten die Autoren des Ratgebers.
Lektüren, die ins Schwarze treffen
In der Mediendatenbank der Stiftung Lesen finden Sie für jede/n Ihrer Schüler/-innen packenden Lesestoff. Die komfortable Suche differenziert zwischen Alter, Thema und besondere Zielgruppen wie „Kinder und Jugendliche mit geringen Deutschkenntnissen“ oder „Wenigleser“. Wie breit die Expert/-innen der Stiftung den Begriff „Lesen“ auslegen, sehen Sie bei einem Blick in das Pfeilmenü „Medienkategorie“: Hier stehen „App“, „Spiel“ und „textfreies Buch“ neben „Geschichtensammlung“, „Roman“ und „Hörbuch“.
Auch bei den Kreativ- und Mitmachbüchern ist für jeden Geschmack was dabei: 46 „coole Leuchtroboter“ zum Selberbasteln aus Papier erobern bestimmt das Herz von Mädchen und Jungs gleichermaßen. Und der Titel „Schwimmende Nähnadeln oder warum schreien zwölf Affen gleichzeitig?“ ist zwar ein gutes, altes auf Papier gedrucktes Buch, versammelt aber 500 Rätsel, verblüffende Experimente, optische Illusionen etc., die sich im Fernunterricht ganz wunderbar eignen, um mit Spannung in die Videokonferenz oder in den Tag zu starten.
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