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Bewegung & Unterricht

Lernen durch bewegungsorientierten Unterricht

Durch Bewegung werden wichtige Regionen im Hirn aktiviert und die Schüler/-innen beim Lernen unterstützt. Hier erhalten Sie viele Ideen, wie Sie Bewegungen in den Schulalltag integrieren können.

Bewegung & Unterricht: Lernen durch bewegungsorientierten Unterricht Bewegung unterstützt den Lernprozess © liderina - stock.adobe.com

Motorische Kreativität ist eine prägnante Voraussetzung für kognitives Lernen. Geordnete Bewegungsvorstellungen und Bewegungsvielfalt unterstützen die Entwicklung kognitiver, koordinativer und emotionaler Fähigkeiten. Zentren des Gehirns werden durch Bewegung aktiviert und spielen eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung und Speicherung von Informationen. Bewegung und kreativer Tanz können daher sinnvoll als Methode im Unterricht eingesetzt werden, um das Erlernen und Fördern von Sprache, Sachwissen, Wahrnehmung und das Unterstützen mentaler Prozesse zu erleichtern und gleichzeitig die Motivation der Lernenden zu steigern.

Ein weiterer Aspekt für das Lernen in Bewegung ist die Frage, ob Schüler/-innen überhaupt im Sitzen besser lernen können. Langes Sitzen gilt als ungesunde Körperhaltung. Gesündere Alternativen sind Lernpositionen im Liegen, Bewegen oder Stehen. In einem Buch lesen oder Gedichte und Vokabeln kann man auch lernen, in dem man über einen Balken balanciert, der im Klassenraum auf dem Boden liegt. Beim Lesen können die Kinder durch den Raum laufen oder eine bildhafte Darstellung tanzen. Wichtig ist allerdings, dass sich die Schüler/-innen nicht gegenseitig stören.

Bewegung unterstützt die persönliche Entwicklung

In diesem Zusammenhang haben die Bewegung und der Tanz eine wichtige Bedeutung für verschiedene Bereiche des Lernens.

Die kognitive Entwicklung
Die Intelligenz eines Kindes entwickelt sich stufenweise durch Bewegen und Handeln 
in der Umwelt. Wahrnehmung, Vorstellungsvermögen und das abstrakte Denken sind dependent von der Bewegung.

Die Selbstwirksamkeit
Selbstwirksamkeit ist ein äußerst wichtiger Aspekt der individuellen Entwicklung. Durch Bewegung kann das Kind ein Selbstkonzept entwickeln und den eignen Körper positiv wahrnehmen. Im Bewegungshandeln erfahren Kinder, dass sie die Umwelt beeinflussen und somit ihr Selbstbewusstsein stärken können.

Die affektive Entwicklung
Ohne Sprache und nur mit dem eigenen Körper lassen sich Emotionen einfacher ausdrücken. In der Auseinandersetzung mit Musik, Tanz und Bewegung wird das Ausdruckverhalten gefördert und innerseelische Konflikte können freier bearbeitet werden. Die Sprache kann als Kommunikationsmittel hinzukommen.

Die soziale Entwicklung
Die Bewegung unterstützt in ihrer Persönlichkeitsförderung auch die des sozialen Verhaltens. Partner- oder Gruppenaufgaben durch Bewegung lösen lernen, entwickelt Toleranz, Geduld und gegenseitige Akzeptanz.

Die motorische Entwicklung
Zur Motorik gehören der Körper und seine Koordination. Die Unterscheidung zwischen Grobmotorik (große Bewegungsabläufe) und Feinmotorik (handmotorische Prozesse) beziehen sich in der Schule auf große und kleine Ganzkörperbewegungen zum Beispiel beim Sport oder auf die Handgeschicklichkeit beim Schreiben und Zeichnen. Beide Bereiche spielen beim bewegungsorientierten Unterricht eine Rolle. Der Körper ist (neben dem Gehirn) das Zentrum, mit dem die Bewegungen ausgeführt werden. 

Besonders eignen sich kreative bewegungsmäßige Prozesse, die auch im Deutsch- Mathematik- oder Sportunterrichtunterricht die Vermittlung von Inhalten und Fachwissen unterstützen und mit Musik begleitet werden.

Improvisierte Bewegungen oder Tanz bieten die Möglichkeit, sich spontan und ohne Vorgabe nach eigenen Vorstellungen zu bewegen, ohne dass es festgelegte Choreografien gibt. Somit kann es keine bewegungstechnischen Überforderungen geben. 
Die gemachten Bewegungserfahrungen werden ohne Notation oder Schrittfolgen als kleine Szene oder Collage zusammengestellt.
  
Folgende Bereiche gehören zum kreativen Umgang mit Tanz und Bewegung:

  • Improvisation
  • Kreativer Tanz
  • Rhythmisch begleitete Sprache
  • Wahrnehmungsübungen
  • Tanztheater

Gesten, Posen, Gehen, Standbilder und Sprache sind ein Teil der Bewegungsvariationen, die sich gut in den Unterricht integrieren lassen. Banale alltägliche Handlungen und Bewegungen wie drehen, kreisen, rollen, strecken, spreizen, schütteln, schwingen, senken, schieben, etc., lassen sich mit einer Palette von kognitivem Wissen, neuem Lernstoff und persönlichen Bewegungsmustern kombinieren. Bewegungsmöglichkeiten mit dem eigenen Körper zu entdecken, eröffnen Gestaltungsparameter in den Dimensionen Zeit und Raum und der Wahrnehmung von Spannungszuständen und welche Auswirkung diese auf die Bewegungsausführung haben. Begleitende Musik unterstützt Rhythmusgefühl und Konzentration.

Praktische Umsetzung Deutschunterricht

Im Deutsch- und Leseunterricht gibt es etliche Möglichkeiten, bewegungsorientiert zu arbeiten.

A  Laufvariante zum Ankommen
Die Schüler/-innen sammeln sich vor der Stunde draußen an der Klassentüre. 
Aufgabe: Auf los darf jede/r in seiner improvisierten Gangart zu seinem Platz gehen. (strecken, beugen, hüpfen, kriechen, humpeln, schwimmen, mit Rhythmus).

B  Groß- und Kleinschreibung
Die Schüler/-innen verteilen sich stehend im Raum. Die Lehrkraft liest ganz langsam eine Geschichte oder einige Sätze vor. Wenn die SuS ein Substantiv hören, müssen sie sich ganz nach oben strecken und so groß wie möglich machen. Bei klein geschriebenen Wörtern müssen sie sich hinhocken. Sie bleiben jeweils so lange in der entsprechenden Position, bis wieder ein groß oder klein geschriebenes Wort kommt.

C  Kommunikation als nonverbaler Dialog
Alle verteilen sich stehend im Raum. Jeweils zwei SuS finden sich, stellen sich gegenüber und wechseln sich jeweils mit den Bewegungen ab. Sie erzählen sich im Wechsel durch Gesten, Posen oder Bewegungen, was sie am Tag zuvor gemacht haben. 
Anschließend werden die Gespräche wiedergegeben, in dem A von B erzählt, was er/sie verstanden hat und umgekehrt.

D  Personalpronomen und Deklination
Das Verb „haben“ wird dekliniert und dem entsprechenden Personalpronomen zugeordnet.

Die einzelnen Personalpronomen stehen auf großen Karten und diese werden an den Wänden im Klassenraum verteilt (ich, du, er, sie, es, …). Jedes Kind erhält einen Zettel, auf dem das Ende eines Satzes steht. Die Schüler/-innen tanzen zur Musik durch den Raum. Wenn die Musik stoppt, muss jede/r ganz schnell sein passendes Personalpronomen zu dem Satz finden und sich dazu stellen. Beispiele:

…habe ein Ruderboot.
…hast einen Ball.
…hat ein Auto.
…haben ein Eis,
... etc.

Die Sätze können durch Austauschen noch einmal genutzt werden. Effizient ist es, mehrere Durchläufe mit verschiedene Sätzen zu machen.

E  Präpositionen in eine Position setzen
Die Schüler/-innen verteilen sich im Raum. Die Tische können stehen bleiben. Die Lehrkraft liest eine Geschichte vor, unterbricht das Lesen abrupt und ruft: “Die Monster kommen, alle müssen unter… (neben, auf, hinter, in, vor, etc.) einen Stuhl (Tisch, Türe, Regal, Kiste, Flur, Fenster, etc.).“ Die Schüler/-innen bewegen sich schnell zu dem Ort, entsprechend der Aufgabe.
Das Spiel geht weiter, sobald die Lehrkraft wieder liest.

F  Bild und Wort
Im Klassenraum sind überall an den Wänden verteilt Bilder angebracht. Die Schüler/-innen erhalten je ein geschriebenes Wort auf einem Zettel. (Junge, Schulhof, Klassenraum, Spielwiese, etc.)
Aufgabe: Die SuS suchen sich eine Gangart. Sie wählen dafür z. B. aus schleichen, hüpfen, krabbeln, hinken, gehen, etc. aus. Sie kann auch improvisiert, ausgefallen und lustig sein. Die Kinder bewegen sich in der gewählten Gangart fort und suchen das passende Bild zu ihrem Wort. Wenn sie es gefunden haben, nehmen sie vor ihrem Bild eine selbst erdachte, lustige Pose ein. Die Zettel werden getauscht und es kommt die nächste Runde.

G  Elfchen schreiben und bewegen 
Die Schüler/-innen bekommen die Aufgabe, ein Elfchen zu schreiben. Das kann sich auf ein Sachkunde-Thema beziehen oder ein Klassenthema.

Wie hier zum Beispiel zum Thema: „Einsamkeit oder Hilflosigkeit“
1. Zeile: Paul
2. Zeile: Der Starke
3. Zeile: Hat coole Sprüche
4. Zeile: Spielt meistens ganz allein
5. Zeile: Schade.

Wer möchte, kann sein Elfchen vorlesen, während zwei Freiwillige gleichzeitig spontan versuchen, zu dem Text Bewegungsimprovisationen zu finden.
Variante: Vierergruppen schließen sich zusammen. Ein/e Schüler/-in aus der Gruppe liest der Reihe nach alle vier Elfchen vor, während die anderen drei sich dazu durch Stampfen, Klatschen, Tanzen am Platz, etc. bewegen.

H  Der laufende Bote
Im Raum sind große offene Kartons oder Kisten verteilt. Auf jedem ist ein anderes Wort aufgeklebt, wie: Adjektive, Nomen, Verben, Personalpronomen. Auf verschiedenen vorbereiteten Zetteln sind Wörter geschrieben, wie: lustig, Hund, springen, du. Alle Schüler/-innen laufen los, nachdem sie einen Zettel gezogen haben. Sie müssen ihren Zettel in den entsprechenden Kasten werfen und wieder zum Ausgangspunkt zurücklaufen. Dort erhalten sie einen neuen Zettel. Zum Schluss werden die Zettel in den Kästen gemeinsam auf Richtigkeit überprüft.

Collage oder szenische Umsetzung

Zum Abschluss der Unterrichtssequenzen können die einzelnen „bewegten“ Unterrichtsstunden zu einer Collage zusammengestellt werden. Die kleinen Bewegungsimprovisationen der Schüler/-innen werden dazu per Foto oder als dramaturgische Sammlung schriftlich dokumentiert. Die einzelnen Stunden können Sie danach zusammen mit den Schüler/-innen in eine (beliebige) Reihenfolge bringen und Musik dazu auswählen. Jetzt kann eine kleine szenische beziehungsweise tänzerische Collage entstehen, die in der Turnhalle oder auf einer Spielfläche/Bühne vor Zuschauern gezeigt werden kann. Die einzelnen Szenen werden nacheinander als tänzerische Collage ausgeführt, d.h. die erlernten einzelnen Bewegungselemente werden zu einem Ganzen zusammengefügt.

Beispiel zum Thema: „Das bewegt uns“

Hier in Anlehnung an das Thema des Elfchens aus G: Einsamkeit, Hilflosigkeit, Unsicherheit, etc.
Das jeweilige zu behandelnde Thema des Deutsch-Unterrichts wird im Elfchen und in den einzelnen Unterrichtsstunden verarbeitet.

1. Szene aus A (Laufvariationen)
Alle Kinder laufen zu Musik in ihrer Gangart durcheinander über die Spielfläche und gehen wieder ab.

2. Szene aus F (Bild und Wort getanzt)
Alle SuS kommen angezogen mit einem T-Shirt, auf dem ein großer Buchstabe aufgeklebt ist, auf die Bühne. Jede/r hat ein Bild in der Hand und legt es auf den Boden. Alle bewegen sich im Rhythmus stampfend über die Spielfläche um die Bilder herum. Nicht beteiligte Kinder können den Rhythmus am Rande der Spielfläche klatschen (Beispiel: 3x stampfen, 1x klatschen). Eine Klangschale macht ein Geräusch und alle bleiben ruhig stehen. Dann sucht jede/r sein/ihr passendes Bild, alle stellen sich in eine Reihe nach vorne auf und halten ihr Bild zu dem Buchstaben hoch ins Publikum. 

3. Szene aus E (Präpositionen in Bewegung )
Jede/r Schüler/-in bringt einen Stuhl, Hocker oder eine stabile Kiste und stellt sie auf die Bühne. Alle frieren ein, bis eine Musik beginnt. Die SuS tanzen zu einer rhythmischen Musik, wie sie wollen. Dabei ist jede Bewegung erlaubt- auch stehen. Sobald eine/r Lust hat, stellt, legt oder setzt er/sie sich nach den Präpositionen unter, auf, neben, an ihr/sein Möbelstück. Wenn die Musik ausgeht, nimmt jede/r sein/ihr Möbelteil wieder mit.

4. Szene aus G (bewegtes Elfchen)
Mehrere Vierergruppen verteilen sich auf der Spielfläche und frieren ein. Aus Gruppe 1 liest ein Kind alle drei vorher geschriebenen Elfchen vor, während die anderen sich dazu bewegen oder den Text pantomimisch darstellen. Dann kommt die nächste Gruppe an die Reihe. Ob mit oder ohne Musik ,wird vorher festgelegt.

5. Szene aus C (tänzerischer Dialog)
Alle Schüler/-innen kommen auf die Spielfläche und je zwei stellen sich gegenüber. Sie führen einen tänzerischen Dialog zur Musik, in dem sie immer im Wechsel durch improvisierte Bewegungen, Posen oder Gesten miteinander unterhalten.
Abschluss: Wenn die Musik stoppt, stellen sich alle in die Mitte zu einem Standbild auf, schauen nach vorne und fieren ein.

Die Länge oder Anzahl der einzelnen Sequenzen können Sie beliebig kürzen oder verlängern.

Die begleitende Musik zu einzelnen Szenen können Sie mit den Schüler/-innen aussuchen. Achten Sie nur darauf, dass man dazu im Rhythmus bis acht klatschen kann. Wenn das nicht möglich ist, eignet sich rhythmische Instrumentalmusik ohne Gesang.

Diese Musik lässt sich gut einsetzen:

  • Elle King: Love Stuff
  • Thievery Corperation
  • Ayo: Down on my knees
  • Lorena McKennitt: The musk and mirror
  • Crusaders: Viva de Funk

Noch ein Wort

Kreativer Tanz und alltägliche Bewegungsabläufe können Schüler/-innen motivieren, spielerisch Ihr Wissen zu erweitern und neue Inhalte hinzuzulernen. Tänzerische Bewegungsimprovisation ist eine Sprache des bewegten Körpers, bei dem die Schüler/-innen lernen, dass der Körper als besonderes Ausdrucksmittel der Kommunikation dienen kann. Diese kann wiederum von außen über die Bewegung zur Innenwelt und zur eigenen Problemlösung und lustvollem Lernen führen. Durch die Bewegung erlernte Inhalte können besser gespeichert werden.

Zum Schluss noch eine Frage, die es zu überlegen gilt:
Brauchen wir denn in den Klassenräumen wirklich noch die geläufigen Stühle und Tische?

Angela Hentschel


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