Projektwoche: 5 Tage lang „Alltagskompetenzen" erwerben
„Nicht für die Schule sondern fürs Leben lernen“ – in der Projektwoche „Alltagskompetenzen“ trifft das zu 100 Prozent zu! Und dass so eine „Schule fürs Leben“ auch noch Spaß macht, beweisen die Ideen und Materialien in diesem Beitrag.

Veröffentlicht am 23.05.2023 – „Was machen wir bloß in unserer diesjährigen Projektwoche?“ In bayerischen Schulen stellt sich diese Frage nicht, denn die schwarz-orange Regierung gibt den öffentlichen Schulen ein verpflichtendes Thema vor: 5 Tage lang sollen die Schüler/-innen Alltagskompetenz und Lebensökonomie erwerben. Ursprünglich war dafür ein neues Schulfach geplant, doch in Zeiten des Lehrkräftemangels fehlen dafür die Kapazitäten.
Linktipps
Schulkinder und Schulen in aller Welt kennenlernen
In der fünftägigen „Schule des Lebens“ geht es um die „fünf Handlungsfelder Ernährung, Gesundheit, selbstbestimmtes Verbraucherverhalten, Umweltverhalten und Haushaltsführung“ – ein weites Feld, das den Schulen eben deswegen auch viel Spielraum für die Themenwahl lässt. In inklusiven Settings ebenso wie im förderpädagogischen Umfeld.
Bei der Umsetzung helfen Projektvorschläge, Modulskizzen und unterrichtspraktische Informationen. Zudem sind einige bereits realisierte Arbeitswochen als Best-Practice-Projekte dokumentiert. – Eine gute Basis also für eine differenzierende Projektwoche, die einerseits den Schüler/-innen Spaß macht und andererseits mit vielfältigen Materialien schnell vorbereitet ist.
Planungshilfen für die Vorbereitung
Der erste Schritt in der Planungsphase ist die Themenauswahl für die Woche und die einzelnen Projekttage. Für den schnellen Überblick über mögliche Lerninhalte nutzen Sie am besten die Matrix-Schwerpunktthemen. In heterogenen Lerngruppen ist hier die Staffelung nach Jahrgangsstufen hilfreich: Aus einem breiten Spektrum von Themen können Sie sich diejenigen herauspicken, die den individuellen Lernvoraussetzungen Ihrer Schüler/-innen entsprechen.
Schritt Nummer 2 ist dann die Festlegung des Programms für die einzelnen Projekttage. Hierfür gibt der Praxis-Leitfaden „Alltagskompetenzen – Schule fürs Leben“ gute Impulse. Ein Beispiel aus dem ersten Handlungsfeld Gesundheitsförderung in einer inklusiven 3. Klasse:
- Unter 4.1.2 (S. 10) finden Sie direkt „Einfache Anknüpfungspunkte“ für eine erfolgreiche schulische Gesundheitsbildung. Und hier eröffnen sich oft schon konkrete Möglichkeiten für praktische Übungen:
- Was genau muss ich tun, um die Toilette sauber zu hinterlassen? Hier bietet sich eine einfache Übung des Handlungsablaufs an: ordentlich spülen – Klobürste nutzen – den Sitz mit Klopapier abwischen. Auch gründliches Händewaschen wird noch einmal trainiert (wie schon während der Pandemie so oft).
- Unter „Aktionen, Programme, Projekte, Wettbewerbe“ und in der kommentierten Linkliste mit Unterrichtsmaterialien (S. 26 ff.) finden Sie weitere altersgerechte Angebote für Ihre Schüler/-innen, z. B. die Aktion Löwenzahn Plus der Landesarbeitsgemeinschaft Zahngesundheit. Damit vermitteln Sie den Kindern, wie sie ihre Zähne systematisch putzen. Hinweise zu Körperpflege und -hygiene bietet auch die Stiftung Kindergesundheit mit Comics, Videos und Quizzen („DIE RAKUNS – Das gesunde Klassenzimmer“).
- Auch wenn Sie externe Gesundheits-Coaches oder Exkursionsorte suchen, werden Sie im Praxis-Leitfaden fündig (s. unter „Weiterführende Informationen“, S. 13 f.).
Ergänzend dazu lohnt es sich übrigens auch, in Ihrem Lehrerbüro nach Materialien oder Ratgebertexten zu stöbern: Zum Thema Zahngesundheit finden Sie hier z. B. den Artikel „Sachunterricht mit Biss: Zähne und Zahnpflege“ sowie handlungsorientierte Unterrichtskonzepte. Wie wäre es z. B. mit dem Mini-Workshop „Meine Zähne, Lapbooks gestalten“? Damit basteln sich die Kinder ein Klappbuch mit den wichtigsten Zahnpflege-Regeln – die ideale Aufgabe für einen verregneten Projekttag ...
Für Eilige: direkt übernehmbare Projekt-Module
Nur wenig Zeit für die Planung? Dann nutzen Sie einfach die fertigen Module auf der Website des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB). Lehrkräfte von Schüler/-innen im Primarbereich finden hier das Wochenmodul „Obst und Gemüse frisch auf den Tisch“ sowie das dreitägige Sportprogramm „Fit in Sport und Alltag“.
Die Module im Sekundarbereich decken sämtliche Handlungsfelder ab und vermitteln Jugendlichen genau die Kompetenzen, die sie brauchen, um auf eigenen Füßen zu stehen:
- Mit Geld umgehen lernen
- Sich vor „Abzocke“ schützen
- „Fit für den eigenen Haushalt“ (Putzen und Wäsche waschen, trocknen und ausbessern)
- Sich gesund ernähren
- Stressbewältigungs-Strategien lernen
- Klimabewusst leben
- Sicheres Onlineshopping, seine Rechte als Kunde oder Kundin kennen
Zu jedem Modul gibt es zusätzliche Materialien, bei „Fit für den eigenen Haushalt“ ist das z. B. eine übersichtliche Broschüre zum energiesparenden Wäsche-Waschen und -Trocknen oder eine Anleitung zum Knopf-Annähen.
Immer mit dabei sind auch Ideen für Exkursionen, praktische Übungen und die wichtigsten Hintergrundinformationen: Beim Geld-Thema besuchen die Schüler/-innen z. B. eine Bank, informieren sich über die Möglichkeiten eines Girokontos und über Geldanlage (Basics), füllen Überweisungen aus und lernen die Gefahren des Online-Bankings kennen. Außerdem testen sie Gehaltsrechner und Vergleichsportale (wichtig für umsichtige Geldanlage!).
ÖPNV eigenständig nutzen – ein Best-Practice-Projekttag
Das ISB-Team ist dankbar für ausgearbeitete Projektideen, und bittet Lehrkräfte, ihre Projekt-Aktivitäten zu dokumentieren und Kolleg/-innen zugänglich zu machen. Das Projekt "Mobilität" ist für den Förderbereich besonders interessant und soll hier kurz vorgestellt werden:
Gemeinsam mit zwei Referentinnen des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbands Bayern übten Lehrkräfte eines Förderzentrums für körperliche und motorische Entwicklung mit ihren Schüler/-innen eine Woche lang die selbstständige Nutzung des ÖPNV. In kleinen Schritten trainierten die Jugendlichen mit und ohne Rollstuhl alles, was dazugehört:
- Am ersten Tag informierten sie sich im Internet über den ÖPNV in ihrer Stadt, über Straßenbahnhaltestellen in der Nähe der Schule und übten den sicheren Weg zur Haltestelle.
- Am zweiten Tag bekamen sie eine „Checkliste Mobilitätstraining“, um für jeden Fall gerüstet zu sein (Handy mit der Telefonnummer der Schule, Hilfsmittel, Ausweispapiere, genügend Geld für die Fahrkarte). Wieder ging es zur Haltestelle, doch diesmal übten sie auch, den Fahrkartenautomaten zu bedienen.
- Am dritten Tag stand das Lesen von Fahrplänen auf dem Programm: analog, digital, per App und direkt an der Haltestelle, die die Kids zum dritten Male besuchten.
- Am vierten Tag nutzten sie die Straßenbahn und meisterten dabei allerhand Probleme: das Überwinden hoher Bordsteinkanten mit dem Rollstuhl, die selbständige Anzeige eines Haltewunsches und eigenständiges Anmelden von Hilfebedarf an der Haltestelle sowie das sichere Ein- und Aussteigen mit Hilfe einer Rampe.
Falls Sie ein vergleichbares Projekt mit Ihren Schüler/-innen unternehmen möchten, nutzen Sie einfach die ausführliche Mobilitäts-Checkliste mit leicht verständlichen Hinweisen, was wann zu tun ist. Sie finden das Tool im Anhang des oben verlinkten Konzepts.
Co-Lehrkräfte und Expert/-innen engagieren!
Unterricht an außerschulischen Lernorten und die Zusammenarbeit mit externen Einrichtungen und Stellen (z. B. Umweltpädagog/-innen oder Landfrauen) sind in Bayern ausdrücklich erwünscht, und die Honorar-Kosten werden übernommen. Doch auch viele andere Bundesländer oder Stiftungen stellen finanzielle Mittel für Schulprojekte bereit. – Einfach nach Fördermitteln für Schulprojekte googeln.
Wenngleich die Suche und Absprache mit außerschulischen Expert/-innen zunächst mit Aufwand verbunden ist, entlastet Sie das als Lehrkraft doch unterm Strich: Sie brauchen sich nicht in die oft sehr spezifischen Gebiete einzuarbeiten. Denn auch wenn man zuhause selbst täglich wäscht, putzt, bügelt oder kocht, ist man noch lange kein hauswirtschaftlicher Profi. Sie schaffen manchmal sogar das, was Eltern selten oder nie gelingt: Jugendliche haben richtig Spaß bei der Hausarbeit, wie dieses Video beweist. Einige Jungs sind begeistert, weil sie ein paar Tricks gelernt haben, mit denen schmutzige Sneakers inklusive der Schuhbändel wieder sauber werden. Und auch beim Kissen-Nähen, Tischdecken und Kochen sind alle „voll konzentriert“ dabei.
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