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Methodenkompetenz

Aktives Methodentraining ohne Schriftlesen

Bei Schülern, die noch nicht lesen und schreiben können, muss sich die Lernmethode am erweiterten Lesebegriff orientieren. Mit Bildern und Spielen kann die Lehrkraft Meinungsbildung, Selbstbewusstsein und Reflexionsvermögen fördern.

Methodenkompetenz: Aktives Methodentraining ohne Schriftlesen Tafelfußball dient als spielerische Lernzielkontrolle: Der Lehrer stellt Quizfragen und zwei Gruppen müssen raten © Coloures-Pic - Fotolia.com

Für Schüler mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung stellen gängige Unterrichtsmethoden oft eine besondere Hürde dar. Häufig sind sie auf dem Weg des Schriftspracherwerbs noch nicht auf der Stufe des Schriftlesens angekommen, sondern lernen im Feld des erweiterten Lesebegriffs, d. h. mit Signalen, Symbolen, Bildkarten usw. Sie können beispielsweise in einer Stationenarbeit nicht einfach die Arbeitsanweisung, den Aufgabenplan oder die Frage lesen, sondern brauchen hierfür besondere Strukturierung über das Leseangebot oder die gewählte Methode. 

Die Methodenwahl orientiert sich dann am erweiterten Lesebegriff und nimmt Lernformen in den Blick, die Handlungsfähigkeit und Selbstständigkeit für alle erlauben. Dabei können zunächst Methoden gewählt werden, die Kommunikation und Einigungsprozesse innerhalb der Klasse schulen und die erst in einem späteren Schritt zur Erarbeitung eines Inhalts im engeren Sinn angewendet werden.

Ein Meinungsbild fördert die Selbstsicherheit

„Mein Standpunkt“ heißt die Methode, bei der die Lehrkraft eine Auswahlfrage zu einem bestimmten Thema stellt. Dazu soll zum Beispiel ein Meinungsbild oder eine Abstimmung erfolgen. In größerem räumlichem Abstand werden drei Auswahlpunkte auf den Boden gelegt. 

Die Schüler begeben sich möglichst gleichzeitig (verhindert Gruppeneffekte) an den Punkt ihrer Wahl und können dort jeweils eine kurze Begründung für die Auswahl geben. 

Literaturtipps:

Klippert, Heinz: Methoden-Bildkarten für die Grundschule: 48 farbige Karten zur Lernorganisation in den Klassen 1 bis 4. Klippert Medien, Augsburg 2016

Wehren, Bernd: Bildkarten Sozialformen und Methoden: Klasse(nzimmer) gut organisiert mit 81 motivierenden Bildkarten. Donauwörth 2012

Alternativ oder ergänzend zu den Text-Statements können die drei Auswahlpunkte mit Piktogrammen oder Smileys beschriftet werden. Dann können auch weiterführende Fragen beantwortet werden, z. B. „Ich mag ... / Ich mag nicht ... / Ich weiß noch nicht ...“

Die Methode stellt das Meinungsbild in einer Gruppe fest und schult dabei zugleich die Selbstsicherheit. Die Schüler lernen, ihre eigene Meinung kundzutun, auch wenn andere eine andere Meinung haben. Auch  Abstimmungs- und Einigungsprozesse können damit gefördert werden. Durch den geringen Materialaufwand ist die Methode gut vorzubereiten und dann jederzeit einsetzbar. Material dafür: drei „Standpunkt-Karten“ mit Beschriftung bzw. Bildsymbolen.

Lernzielkontrolle als Quiz

Tafelfußball: Zur spielerischen Lernzielkontrolle und Überprüfung von Wissensfragen eignet sich das Quiz-Prinzip, bei dem die Schüler nicht selbst lesen können müssen, sondern die Lehrerfragen schnell beantworten sollen. Die Lehrkraft malt ein Fußballfeld an die Tafel. Es werden zwei Mannschaften gebildet. Die Lehrkraft stellt dann Wissensfragen zum Unterrichtsthema. Wer die Antwort weiß, bringt sein Team ein Feld Richtung Tor voran. Ein runder Magnet symbolisiert hierbei den Ball. Die Tore werden per Strichliste an der Seitentafel vermerkt. 

Durch den Wettbewerbscharakter sorgt das Wissensquiz auf spielerische Art für Sprechfreude und regt die Kommunikation an. Gleichzeitig werden Inhalte geübt, vertieft und wiederholt. Das Spiel ist bei etwas älteren Schülern sehr beliebt. Material dafür: Tafel, Kreide, runder Magnet(= Ball).

Gesprächskompetenz per Postkarte

Sprechende Postkarten: Eine völlig frei zusammengestellte Sammlung von unterschiedlichen Postkarten wird in die Kreismitte gelegt. Die Schüler betrachten die Bilder in Ruhe. Die Lehrkraft stellt eine Leitfrage, zum Beispiel als Einstieg in ein Unterrichtsthema oder als Gesprächsimpuls für einen bestimmten Sachverhalt. Auf ein Signal hin darf sich jeder Schüler eine zuvor ins Auge gefasste Postkarte nehmen. Reihum sprechen die Schüler mithilfe ihrer Auswahlkarte dann zum vorgegebenen Thema. 

Alternativ kann die Postkartenauswahl bereits von der Lehrkraft thematisch gelenkt werden, zum Beispiel zur Frage „Was möchtest du gern in den Ferien machen?“. Dann stehen viele verschiedene Freizeitaktivitäten, Piktogramme oder Themenkarten zur Wahl. 

Mit dieser Methode entwickeln Schüler Gesprächskompetenzen, lassen Meinungen gelten und hören sich Argumente an. Sie formulieren freie Assoziationen und geben ihren Gefühlen bzw. Gedanken Ausdruck. Die Erzählkompetenz wird angeregt. Material dafür: viele unterschiedliche Postkarten.

Mitbestimmung und Teilhabe lernen

Reflexionsmatrix: Mit dem Stundenabschluss sollen die Schüler jeweils ein Feedback erhalten sowie auch selbst über den Unterricht reflektieren. Dies fällt vielen Schülern sehr schwer, sodass eine Matrix helfen kann, eine differenziertere Aussage zu treffen.         

Die Kategorien, hier zum Beispiel „langweilig/Spaß gemacht“ sowie „leicht/schwer“, können zusammen mit den Schülern erarbeitet und festgelegt werden. Sie sind dann in der Lage, hier eine differenzierte Meinung abzugeben. Anforderungen und Emotionen können unterschieden werden, sodass eine Differenzierung nach Leistungsanspruch und Befindlichkeit ermöglicht wird. Ein Inhalt kann ja Spaß machen und dabei schwer sein, genauso wie Spaß machen und leicht sein.

Die Schüler hängen ihr Namensschild oder ein entsprechendes Symbol zur passenden Stelle. Die Methode schult die Selbsteinschätzung, übt die Reflexionskraft und hilft beim differenzierten Feedback — mehr als nur die Aussage: „Die Stunde war gut.“ Material dafür: Tafelraster für die Matrix, Namensschilder/Bilder/Fotos/Symbole für die Schüler.

Diese und ähnliche Methoden verhelfen Schülern mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung zu größerer Mitbestimmung, Selbstwirksamkeit und Teilhabe im Unterricht heterogener Lerngruppen, auch wenn der Schriftspracherwerb noch nicht auf der Stufe des Lesens im engeren Sinn angekommen ist.

Claudia Omonsky

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