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Wochenplanarbeit

Jedem seinen Plan

Wochenplanarbeit im sonderpädagogischen Förderbereich stellt besondere Anforderungen an Lehrer und Schüler. Schrittweise eingeführt ist sie eine motivierende Bereicherung selbst für leistungsschwache Schüler.

Wochenplanarbeit: Jedem seinen Plan Die Schüler dürfen wählen, ob sie ihre Aufgaben in einer Gruppe bearbeiten wollen © Picture-Factory - Fotolia.com

Schüler kommen mit völlig unterschiedlichen Lernvoraussetzungen in die Schule. Um ihnen gerecht zu werden, ist es erforderlich, entsprechende Unterrichtsformen zu finden, denn der klassische Frontalunterricht funktioniert hier nicht. Im Frontalunterricht nimmt der Lehrer den Schülern alle Entscheidungen ab. Er bestimmt über die Lerninhalte, die Methoden, die Materialien, die Aufgaben, die Sozialformen und die Zeiteinteilung. 

Viel besser sind offene Unterrichtsformen geeignet, jeden Schüler nach seinen Möglichkeiten lernen zu lassen, wie beispielsweise Freiarbeit, Lernen an Stationen, Projektunterricht und eben Wochenplanarbeit. Sie stellen eine sinnvolle Ergänzung zum lehrerzentrierten Unterricht dar. In der Wochenplanarbeit geht es nicht darum, dass alle Schüler zum gleichen Zeitpunkt auch das Gleiche lernen. Sie hat die Selbsttätigkeit und Selbständigkeit der Schüler zum Ziel. Es gilt Lernen vor Lehren, denn Unterricht besteht nicht nur aus der Vermittlung von Sach- und Fachwissen.

Ein Plan für alle — für jeden einen eigenen Plan 

Ein Wochenplan ist ein schriftlicher Arbeitsplan mit individuellen Aufgaben für eine Lerngruppe und mit einem festgelegten und überschaubaren Zeitrahmen. Ein Wochenplan kann sich dabei auf ein Unterrichtsfach mit entsprechenden fachbezogenen Arbeitsaufträgen beziehen. Er kann aber auch fächerübergreifend eingesetzt werden, mit dem Vorteil, vielfältige Aufgaben aus den unterschiedlichen Fachbereichen anbieten und bearbeiten zu können.

Jeder Wochenplan beinhaltet Pflicht-, Wahl- und/oder Zusatzaufgaben, die eine Differenzierung durch die Anzahl der Aufgaben und durch die Aufgabenstellung selbst ermöglichen. Für Schüler bzw. Schülergruppen mit spezifischen Lernschwierigkeiten kann auch ein individueller Wochenplan erstellt werden, der die jeweiligen Lernvoraussetzungen berücksichtigt. Die Anteile der Pflicht- und Wahlaufgaben können hier unterschiedlich ausgeprägt sein. Zudem müssen — je nach Lerngruppe — auch lehrerzentrierte Unterrichtsphasen im sonderpädagogischen Förderbereich eingebunden werden, um dieser Schülerklientel gerecht zu werden.

Voraussetzungen: ein Plan für den Wochenplan 

Das Wissen des Lehrers um die Fähigkeiten und Fertigkeiten seiner Schüler ist Voraussetzung für eine sinnvolle Planung der Wochenplanarbeit. Dabei muss er sich die Fragen beantworten:

  • Können die Schüler Arbeitsanweisungen lesen, verstehen und ausführen? 
  • Sind sie in der Lage, selbständig Informationen einzuholen und können sie mit verschiedenen Arbeitsmaterialien umgehen? 
  • Sind sie im Umgang mit Sozialformen wie Partner- und Gruppenarbeit vertraut?

Besonders bei Schülern mit Förderschwerpunkt Lernen müssen die Anforderungen, die ein Wochenplan stellt, erst langsam angebahnt werden.

Weiterführende Hinweise:

Feyerer, Ewald / Prammer, Wilfried: Gemeinsamer Unterricht in der Sekundarstufe I. Weinheim 2003

Moosecker, Jürgen: Der Wochenplan im Unterricht der Förderschule. Stuttgart 2008

Werning, Rolf / Lütje-Klose, Birgit: Einführung in die Pädagogik bei Lernbeeinträchtigungen. München 2012

Eine Übersicht über die verschiedenen Formen der Wochenplanarbeit bietet die Seite „Kindgerechtes Lernen“.

Hier finden Sie eine detaillierte Beschreibung im Methodenpool der Uni Köln.

Zur Eingewöhnung in die neue und für die Schüler offene Unterrichtsform benötigen sie Zeit. Eine gelenkte Arbeit und schrittweise Einführung über einen Tagesplan ist denkbar und sinnvoll. Der zeitliche Rahmen ist für sie dabei noch überschaubar.

Dadurch gewinnen sie eine bessere Übersicht über Inhalt und Aufgaben und können sich schneller orientieren. Zudem sollte der Tagesplan eine Mischung von geschlossen und offenen Aufgabenstellungen enthalten. So haben die Schüler schneller Erfolgserlebnisse, weil die Aufgaben leichter zu bewältigen sind. Je sicherer die Schüler mit diesem Plan umgehen, desto offener kann die Arbeit gestaltet und zum Wochenplan ausgebaut werden. Dazu zählt natürlich auch, den Schülern vorab die Arbeit mit einem Wochenplan vorzustellen und mögliche Formen der Aufgaben zu erläutern. Denn: Der Erfolg von Wochenplanarbeit hängt sehr stark davon ab, wie erfolgreich die Einführung in die Wochenplanarbeit gelungen ist.

Vielfältige, gut strukturierte Lernangebote bereithalten

In Klassen mit Förderschülern ist das Leistungsniveau erfahrungsgemäß sehr unter-schiedlich. Aus diesem Grund sollten vielfältige Lernangebote bereitgestellt werden. Dennoch muss das Angebot überschaubar bleiben, um die Schüler nicht zu überfordern. Wichtig ist eine Auswahl von unterschiedlichen Lehrbüchern, Lernmaterialien und Arbeitshilfen, nach Interessensschwerpunkten und Leistungsvermögen der Schüler geordnet. Die Aufgaben sollten entsprechend angepasst und verständlich sein. 

Neben einem Differenzierungsangebot mit gebundenen und offenen Formulierungen sollten sie auch Forschungsaufträge für entdeckendes Lernen, Spiel- und Bastelanregungen beinhalten. Hier könnten die folgenden Aufgabenformate hilfreich sein: eine Reportage schreiben, sich eine Geschichte ausdenken, eine Wandzeitung gestalten, eine Ausstellung planen und gestalten, eine Collagen anfertigen, Foto- und Bilderreihen erstellen, Rollenspiele umsetzen, Rätsel lösen, Modelle bauen, Experimente durchführen, Brett- und Würfelspiele spielen und selbst entwickeln, Puzzle anfertigen oder einen Informationsstand gestalten. Wichtig dabei ist, dass die Aufgaben — möglichst handlungsorientiert — in verschiedenen Schwierigkeitsstufen angeboten werden und dass sie kooperatives Lernen ermöglichen. Die Selbstständigkeit der Schüler soll dabei gefördert werden. Ebenso enthalten die Aufgabenstellungen Hinweise zu notwendigen Arbeitsmaterialien und Lösungen zur Selbstkontrolle.

Die erforderlichen Materialien sollten für alle frei zugänglich und nach Sach- bzw. Fachgebieten geordnet sein. Ebenso hilfreich sind erkennbare Symbole für bestimmte Schwierigkeitsgrade oder für bestimmte Arbeits- und Sozialformen. Zur besseren Orientierung kann ein Ablagefach dienen, in dem die abgeschlossenen Arbeiten deponiert werden können. 

Selbstbestimmtes, aktives Lernen lernen

Die Arbeit mit einem Wochenplan ermöglicht den Schülern ein selbstgesteuertes aktives Lernen. Sie haben dadurch die Möglichkeit, sich selbst zu organisieren. Nach den Vorgaben des Wochenplans wählen sie aus dem Angebot die Aufgaben und Schwierigkeitsgrade selbst aus und bestimmen, in welcher Reihenfolge sie diese Aufgaben lösen und wie lange sie daran arbeiten wollen. Sie können ihr eigenes Lerntempo festlegen und entscheiden, wann sie eine Pause einlegen möchten. Auch die Entscheidung, mit wem sie die Aufgaben bearbeiten wollen und wer ihnen bei möglichen Schwierigkeiten helfen soll, liegt bei ihnen. Ihren Lernfortschritt können sie regelmäßig durch Selbstkontrolle überprüfen. Und sie können ihre Aufgaben sowohl innerhalb als auch außerhalb der Schule (z. B. als Hausaufgaben) erledigen. 

Diese vielfältigen Entscheidungsfreiheiten verlangen von den Schülern ein hohes Maß an Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein. Um sie nicht zu überfordern, erscheint es sinnvoll, dass der Lehrer ihnen am Anfang der Wochenplanarbeit in Teilbereichen Entscheidungen abnimmt. Das bedeutet, zuerst mit einem geschlossenen Wochenplan mit nur einem Merkmal oder maximal zwei Merkmalen von Entscheidungsfreiheiten einzusteigen, beispielsweise im Bereich der Inhalte und/oder Methoden.

So besteht die Möglichkeit, den Schülern von Wochenplan zu Wochenplan mehr Freiheiten und Wahlmöglichkeiten zu gewähren und sie damit zu mehr Selbstbestimmung zu führen.

Lehrer als Berater und Beobachter

Wochenplanarbeit fordert auch den Lehrer, denn in der Planungsphase bedeutet die Arbeit mit einem Wochenplan viel Vorbereitungszeit. Er muss die entsprechenden Arbeitsmaterialien zur Verfügung stellen, die Arbeitsaufgaben formulieren — und er muss den Stundenplan der Klasse dafür modifizieren. Dabei hilft ihm womöglich der Stoffverteilungsplan, der ihm eine Übersicht über wochenplanbezogenen und lehrerzentrierten Unterricht liefert.

Auch ist es notwendig, genügend Zeit einzuplanen, um den Schülern die bevorstehende Wochenplanarbeit vorzustellen — und ggf. wie oben beschrieben kleine Vorbereitungsphasen zu ermöglichen.

Während der Wochenplanarbeit kann der Lehrer sich zurücknehmen und die Schüler selbständig arbeiten lassen. Er übernimmt die Rolle des Beraters und Beobachters, der für individuelle Hilfestellungen zur Verfügung steht. Er verfolgt dabei die Arbeitsschritte seiner Schüler, um deren Lernerfolg und Leistungsstand beurteilen zu können. Am Ende der Woche — oder auch wenn notwendig zwischendurch — ist es für den Lernerfolg der Schüler immens wichtig, dass bei der Abschlussbesprechung die Arbeiten eines jeden Schülers gewürdigt werden.

Vorteile und Grenzen 

Die Vorteile des Wochenplanunterrichts liegen eindeutig in der Förderung von Kooperationsfähigkeit, Selbstverantwortung, Selbsttätigkeit, Selbstständigkeit, Organisationsfähigkeit und Selbstkontrolle. Durch die Übernahme eigener Verantwortung für das, was man tut, und die Möglichkeit, eigene Entscheidungen zu treffen, werden die Schüler stark motiviert zu lernen. Und das große Plus: Der Leistungsdruck aus dem Frontalunterricht durch den Lehrer entfällt. Stattdessen wird entdeckendes Lernen gefördert.

Häufig stehen der Wochenplanarbeit allerdings Bildungspläne bzw. Curricula im Wege, die wegen einer Stundentafel kaum Freiraum für einen offenen Unterricht lassen. Darüber hinaus ist eine geforderte Leistungsmessung im Frontalunterricht wesentlich leichter zu bewerkstelligen als bei einer Wochenplanarbeit. 

Wochenplanarbeit lohnt sich und ist eine sinnvolle Ergänzung zum lehrerzentrierten Unterricht, weil hier weit mehr als sonst auf die individuellen Bedürfnisse eines jeden Schülers eingegangen werden kann.

Karsten Paul

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