Lesespurgeschichten — spannende Leseanreize für Lesedetektive
Mit Lesespurgeschichten können alle Schüler lesen — auch diejenigen, die keine Schrift entziffern können. Sie bieten einen großen Anreiz, die Lesespur und damit die Geschichte zu entschlüsseln.

Detektivgeschichten finden alle Kinder spannend. Eifrig wird Kapitel um Kapitel verschlungen, um endlich die richtige Lösung zu erfahren. Für Schüler mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung stellt das Lesen von Ganzschriften jedoch eine oft unüberwindbare Hürde dar. Spannende Lesetexte sind dann viel zu lang und zu komplex. Es können darüber hinaus nicht alle Schüler im engeren Sinn lesen. Darum bietet man im Unterricht erweiterte Leseangebote auf der Bildebene oder mit Wortkarten an, wie auch Unterstützung mit Hilfsmitteln der Unterstützten Kommunikation, z. B. ein Sprachausgabegerät oder einen Lesestift.
Der Geschichte auf der Spur
Für solch stark heterogene Anforderungen in einem motivierenden Leseunterricht eignet sich darum die Methode der Lesespurgeschichten. Hier geht es darum — ähnlich wie bei einer traditionellen Schnitzeljagd — Hinweisen in einem Lesetext zu folgen.
Ablauf einer Lesespur:
- Der Text/die Geschichte der Lesespur wird in Abschnitte unterteilt. Die richtige Reihenfolge zu finden hat den Charakter eines Rätsels, das die Schüler durch genaues, sinnentnehmendes Lesen lösen können.
- Durch eine Lesespurkarte, auf der die Nummern der Abschnitte eingezeichnet sind, erfährt man, bei welchem Abschnitt der Geschichte man fortfahren muss. Bei Abschnitt Nummer eins beginnt man zu lesen.
- Dort wird durch besondere Schlüsselwörter beschrieben, wo es weitergeht. Diese Schlüsselwörter sind auf der Karte mit Nummer abgebildet.
- Die Schüler suchen dieses entsprechende Objekt und erfahren so die Nummer des nächsten Abschnittes, bei dem sie weiterlesen müssen.
- Die Nummern der Lesespur werden beim Lesen jeweils nacheinander aufgeschrieben, sodass man am Ende die richtige Lesespur erhält und den Text zusammenhängend lesen kann.
- Das Aufschreiben der zuletzt gelesenen Nummer dient auch dazu, dass die Kinder zum letzten Abschnitt zurückkehren können, falls sie die Spur verloren haben – ohne vorn vorn anfangen zu müssen.
- Lesen die Schüler ungenau, werden sie in die Irre geführt, da es auf der Karte oft ähnliche Objekte gibt.
- In falschen Abschnitten werden die Kinder jedoch auf ihren Fehler aufmerksam gemacht. Sie werden dann an dieser Stelle darauf hingewiesen, beim letzten Abschnitt noch einmal genau zu lesen. Manchmal versteckt sich auch ein gezielter Tipp, wo auf der Karte sich die nächste Nummer verbirgt.
- Die Reihenfolge der Nummern der gelesene Abschnitte ergibt die Lesespur und somit die Kontrolle, ob die Schüler genau gelesen haben.
Der Leseerfolg wird sichtbar — für alle Leser
Lesespurgeschichten können sehr gut in differenzierter Form ausgearbeitet werden. Damit erhalten unterschiedlichste Leser passende Angebote am gleichen Lerngegenstand, sodass die Förderung des sinnentnehmenden Lesens wie auch die Entwicklung und Aufrechterhaltung der Lesefreude als zentrale Ziele im Vordergrund stehen.
Weiterführende Links:
Sehr ansprechende Beispiele für Lesespurgeschichten finden Sie unter hier.
Sven Rook: Einfache Lesespurgeschichten Deutsch. Donauwörth 2016
Vorteile der Lesespur:
- Die Lesekompetenz kann unauffällig geprüft werden, da der Schüler nicht laut vorlesen muss.
- Durch die Lösung der Leseaufgaben kann das korrekte Leseverständnis geprüft werden. Ungenauigkeiten beim stillen Lesen werden transparent, wenn die Schüler falsche Wege gehen bzw. in die Sackgassen geraten.
- Es besteht eine sehr gute Möglichkeit zur Differenzierung.
- Lesefreude und Lesebereitschaft werden gefördert, der Leseerfolg wird sichtbar.
Selbst für Nicht-Leser gibt es Lesespuren
Für Schüler, die im erweiterten Sinn lesen, kann die Lesespur sehr gut differenziert werden. Bereits die Reduktion der Textmenge erleichtert das Lesen und sichert dennoch ein Erfolgserlebnis. Die Landkarte einer Lesespur wird als Bild bzw. als Zeichnung angeboten. Auf dem Bildleseniveau können sehr viele Schüler gut einbezogen werden. Unterstützend kann man mit einem Lesestift Vorlesetexte anbieten.
So können auch Schüler, die überhaupt keine Schrift lesen, gut integriert werden. Auch der Einsatz von Sprachausgabegeräten oder sogenannte Sprechende Tasten hilft nicht-lesenden Schülern bei der Bewältigung der Lesespur.
Bei der Aufbereitung des Lesematerials kann die Lehrkraft kleine Lesespur-Heftchen anfertigen, sodass die Schüler die Geschichte auch mehrmals lesen bzw. mit nach Hause nehmen können. Allerdings eignet sich zur Einführung der Lesespur-Methode besonders gut die gemeinsame Erarbeitung mit einem ansprechenden Tafelbild. Bewegliche Bildteile erlauben es, die Lesespur nach und nach zu entfalten. Für geübte Schüler kann die Entwicklung einer eigenen Lesespurgeschichte besonders herausfordernd sein und einen Anreiz für ein längeres Projekt geben.
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